Ich habe heute eine interessante Diskussion verfolgt. Es wurde dabei folgende These aufgestellt: Zwei Personen, beide erleben die gleiche Situation. Eine Session in der gefesselt, geschlagen und auch gevögelt wurde. Die Partner vertrauen sich gegenseitig.Die eine Person, Sub A, genießt Sie jedoch, die andere, Sub B, nicht. Wohlgemerkt, beide gaben ihre Zustimmung. Wurde die andere Person jetzt missbraucht? Fühlt Sie sich missbraucht?

Diese These fand ich interessant und nehme Sie als Basis meiner Darstellung. Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass diese These ziemlich Pauschal und daher für wahrscheinlich die wenigsten Personen zutreffend sei. Kennen wir doch zu wenige Aspekte der Persönlichkeiten von Sub A und Sub B, ihre Vorlieben kennen wir nicht oder auch nicht die Regeln welche ihr BDSM hervorgibt.

Daher ist folgender Beitrag ein Menge, hätte, könnte, wäre und würde. Und dennoch halte ich ihn für wichtig um für sich selbst auch zu erkennen, dass Missbrauch nicht gleich Missbrauch ist.

Also was ist Missbrauch?

Missbrauch ist ein vergehen, welches auch und trotz Einverständnis des anderen strafbar ist (demnach ist BDSM grundsätzlich erstmal strafbar, daher sind Verfahren um zu klären ob Einvernehmlichkeit herrschte bzw. in wie weit Einvernehmlichkeit vorherrschte sehr langwierig). Ein Missbrauch ist unter dem sexuellen Komponenten eine Ausnutzung oder eine Zugrunderichtung des Gegenübers. Genauso geht man von einem Missbrauch aus, indem der Gegenüber einen Schaden davon trägt, welcher sogar lange nachwirken kann. Grundsätzlich ist jedoch ein Missbrauch immer ein Handeln entgegen des Willen des Opfers.

Im BDSM Kontext würde das also kurzgesagt bedeuten: Wenn der Dom sich über den Rahmen oder die Tabus des Subs hinwegsetzt.

Hat sich also Dom bei Sub B einfach sein Ding gemacht? Oder gab es vielleicht auch andere Gründe?

Welche Bedeutung kann Missbrauch noch haben? Im BDSM Kontext verändern Begriffe ihre Bedeutung grundsätzlich nicht, jedoch ist die Wahrnehmung eine andere. Genauso wie beim Wort Strafe wird er Begriff Missbrauch gerne positiv verwendet. Als Spielart. Rapegames sind ein gutes Beispiel dafür,manches Kopfkino genauso, aber auch wenn der Dom einmal das macht worauf er Lust hat aber Sub gerade nicht. Er also seine Dominanz und Macht also voll ausnutzt und benutzt, die er über den oder die Sub hat.

Was ich davon halte? Nicht unbedingt viel, ich mag es Begriffe so zu nehmen wie sie sind und keine neue Bedeutung hinzuzudichten, jedoch verstehe ich die Bedeutung des Wortes, wenn mein Gegenüber sie verwendet durch seine Augen, weil ich weiß in welcher Thematik wir uns bewegen. Das ist dann natürlich eine Grundvoraussetzung um keine Missverständnisse hervorzurufen. Dennoch fühle auch ich mich manchmal im positivem Sinne missbraucht…oder vielleicht auch einfach…gebraucht.

Was könnte also bei Sub B passiert sein, dass wir von einem Missbrauch im eigentlichen Sinn ausgehen könnten?

Wir erweitern unsere Grundlagen: Sub A und B haben Tabus festgelegt. Grenzen.

Es könnte also im schlimmsten Fall ein Tabubruch gewesen sein. Oder Dom hat nicht auf das Safeword gehört. Das ist Missbrauch und sogar noch weiter eine seelische und auch körperliche Vergewaltigung.

Aber was könnte eine wahrscheinlichere Alternative sein? Eine, die vielleicht sogar viele von uns kennen?

Ganz einfach: Sub B war nicht in der Stimmung und bekam ihren Kopf nicht frei. Nun kann Dom natürlich versuchen Sub B den Kopf durch eine Session freizubekommen oder die Regeln könnten besagen, dass Sub sich einfach nicht wehren kann oder darf wenn eine Session angedacht ist, diese vielleicht sogar in vorigen Erfahrungen befreiend wirkte und der ganze Tag plötzlich von Sub B immer abgefallen ist.

Ist das Missbrauch? Wenn wir davon ausgehen, dass Dom sich an die Regeln und Rahmenbedingungen gehalten hat und von seinen bisherigen Erfahrungen mit Sub B davon ausgehen könnte, dass es im Grunde genauso verläuft wie sonst auchß

Es könnte also im Normalfall ein schwieriger Einstig sein, aber danach wäre Sub B in der Lage zu entspannen und zu genießen.

Sie konnte es aber nicht? Was nun? Hat Dom sie jetzt missbraucht?

Nein, ich denke nicht. Dom hat im Rahmen gehandelt und auf bisherige Erfahrungen zurückgegriffen. Wenn die Widerworte wie sonst auch waren, die Körpersprache nur unmerklich anders, weil wir Menschen reagieren immer anders oder die Situation an sich völlig unbekannt war, dann ist es einfach eine mangelnde Erfahrung gewesen in der Hinsicht.

Denn wir wissen ja, beide haben sich gegenseitig vertraut, also warum sollten dann Zweifel im Raum stehen? Denn es war ja Sub B´s freier Wille, in die Session zu gehen oder sogar noch vorher, diese BDSM Beziehung zu führen. Der Dom hat sich im Rahmen bewegt er hat jedoch die Zeichen vielleicht einfach falsch gedeutet.

Und Sub B? Sie hat vielleicht gehofft doch sich noch fallen lassen zu können. Mit ihrem Wissen, dass es ja bisher immer geklappt hat. Denn sie vertraut ja ihrem Dom. Hätte sie eher was sagen können? Vielleicht, aber vielleicht wollte sie es auch aus eben jenem Grund nicht und hat dadurch eine eigene unbekannte Grenze selbst überschritten, die ihre Psyche nicht verkraftet hat?

Hat sie sich daher vielleicht selbst in eine solche Situation zum Opfer gemacht?

Ach mit Nichten.

BDSM ist eine ganz wichtige Sache: Ein Miteinander von Personen mit unterschiedlichen Charaktereigenschaften. Unsere Situationen sind jeden Tag unterschiedlich, unser Empfinden ist jeden Tag anders. Es kann ja auch sein, dass Sub B die gleiche Situation am nächsten Tag vollkommen genießt, weil einfach ihre emotionale Verfassung eine andere ist.

Nur weil sie nicht in der Lage war oder sein wollte, etwas zu sagen ist sie nicht minder fähig eine gute Sub oder Spielpartnerin für jemanden zu sein, der das schätzt und damit umgehen kann.

Neue Situationen, die beide Parteien nicht kennen, ermöglicht es ihnen aber daraus zu lernen und gemeinsam zu wachsen. Vielleicht wird Sub B demnächst den Ampelcode verwenden. Oder eher einschreiten. Vielleicht wird Dom dadurch auch feinfühliger und empathischer und baut die Session zukünftig anders auf. Wir wissen es nicht, weil wir nur die aktuelle Situation betrachten.

Jedoch ist wichtig, dass beide aus so einer Situation lernen. Dass beide daran wachsen. Dass darüber gesprochen wird, was in einem geschehen ist. Denn wenn nicht, frisst das einen auf.

Dennoch ist ein Missbrauch nicht zu unterschätzen. Es gibt Fälle, da ging eine Session nach hinten los, weil der passive Part plötzlich sagt: Der hat mich vergewaltigt. Dabei wollte die Person dem aktiven nur eine auswischen oder dass es wirklich zu einem Missbrauch kam.

Wenn so etwas passiert, müssen Polizei und Anwälte das ernst nehmen. Ophelia hat darüber mal einen sehr interessanten Artikel geschrieben.

Tun Sie das nicht und ihr fühlt euch allein, holt euch Hilfe, aus der Szene, von eurer Familie, euren Freunde. Auch wenn es schwer ist, lasst euch nicht unterkriegen. Wenn ihr wirklich das Gefühl hattet missbraucht worden zu sein und der Partner wollte dieses Gefühl nicht hervorrufen sondern die Session lief einfach schief und ja das kann passieren und ist kein Beinbruch, aber wenn das nicht der Fall ist…holt euch Hilfe, in jeder Hinsicht. Es gibt Anwälte und Beratungsstellen wie zum Beispiel https://maydaysm.de/ , die euch sogar an entsprechende Perosnen weitervermitteln können.

Unterschätzt das Thema nicht, jedoch reflektiert selbst und seid ehrlich zu euch und anderen, in wie weit das wirklich für eine ein Missbrauch war, der euch geschadet hat und der nicht wieder zu beheben war im Sinne von: Daraus wurde gelernt.