Marco ist 32 und ist im Joyclub unter dem Nickname “Peitschenwolf” anzutreffen. Im folgenden Interview befrage ich ihn über das Thema SM, seinen Weg dorthin, seine Entwicklung und seine Erfahrungen mit den Menschen in eben jenem Bereich. Er erzählt von seiner Sicht auf das Thema SM, sowie Wünsche, welche sich mit der Zeit entwickelt haben. Das Gespräch war ziemlich locker un mit einigen Lachern gespickt, die ich leider nicht so wiedergeben kann, dennoch haben wir nie den Ernst des Themas unterschätzt oder aus dem Blick verloren

Wie kam es, dass du dich mit dem Thema BDSM auseinandergesetzt hast?

Ich wurde 2016 durch meine damalige Ex-Freundin darauf aufmerksam. Ich hatte vorher von dem Thema keine Ahnung. Jedoch wollte ich auch nicht einfach drauf los hauen und habe mich daher erst in das Thema eingelesen und mich mit der Anatomie auseinandergesetzt. Ich wollte ein gewisses Grundwissen bevor ich mich an meine Partnerin wage.

War es für dich gar kein Problem, deine Frau plötzlich schlagen zu sollen/wollen?

Im Grunde nicht. Es gab keine innteen Konflikte, denn meine Ex sagte mir ja, dass sie es wollte. Daher fühlt eich mich auch nicht unwohl bei dem Gedanken. Auch wenn es erstmal gewöhnungsbedürftig war.

Wie fing es dann mit deiner Partnerin an?

Spanking hatte am Anfang für mich gar keinen Reiz. Wir haben erst mit Bondage angefangen. Einfache Fixierungen. Sensoreische Deprivation (*Erklärung: die Unterdrückung der Sinnesreize wie Sehen mittels Augenmaske oder Hören mittels Ohrstöpseln oder Sprechen mittels Gagball). Das Machtspiel. SM an sich war Beiwerk. Meine Partnerin empfand SEM als dazugehörig, hatte selbst jedoch nur begrenzt Spaß daran und das machte mir dann auch keine Freude.

Hast du dann jemanden gefunden mit dem es Spaß gemacht hatte?

Ja, ich habe dann nach einer Zeit eine masochistische Frau kennengelernt. Da lernte ich auch von mir, dass ich Reaktionsfetischst war, denn ich reagierte auf den Lustschmerz entsprechend und das machte mir dann auch plötzlich Spaß.

Wie ging es dann weiter?

Ich habe mich dann in dem Bereich weiter schlau gemacht. Welche Schlaginstrumente es gibt, wie man sie verwendet, worauf man bei ihrer Verwendung achten sollte, wie man sie pflegt und welche Schlagtechniken es gibt.

Hast du denn mittlerweile einen Favoriten unter den Schlaginstrumenten?

Kein Spezielles. Peitschen haben es mir ziemlich angetan. Wenn ich eine sehe, denke ich direkt: Och, die sieht interessant aus, wie die sich wohl anfühlt? Und mit der Zeit kamen einfach immer mehr Schlaginstrumente dazu. Vom Paddel über Rohrstücke bis hin zu Gerten und diversen Peitschen.

Wenn du ein neues Instrument siehst, was dir gefällt, probierst du es direkt an der Partnerin aus?

Nein. Ich probiere alle Instrumente an mir selbst aus un den Schmerz grob einschätzen zu können und auch ein Gefühl dafür zu bekommen wie hart ich damit schlagen kann. Es kann auch Instrumente geben, die ich total schön finde, die meine Partnerin aber nicht verarbeiten kann, auch wenn es aktuell noch nie vorgekommen ist *schmunzel* Das kann ich jedoch nur herausfinden, wenn ich den Schmerz, den das Instrument verursacht, kenne.

Glaubst du, dass in dem Zuge auch Workhops hilfreich sein können?

Ja, definitiv. Oder man befasst sich selbst mit dem Thema, Probiert die Instrumente an sich selbst aus, übt den Umgang bzw. das Zielen z.B. mit einem Kissen. Ohne entsprechendes Training besteht die Gefahr sich oder den Partner ernsthaft zu verletzen. Ich musste auch erst lernen meine Kraft einzuschätzen um zu wissen wie hart ich mit den verschiedenen Instrumenten zuschlagen darf. Ich trage ja auch schließlich die Verantwortung für meinen Gegenüber, der sich mir ausliefert und mir damit seine Gesundheit anvertraut. Das alles kann einem auf einem Workshop auch beigebracht werden.

Das war mit deiner damaligen Partnerin aber nicht möglich?

Mit meiner Ex eher nicht. Da diese einfach mit SM relativ wenig anfangen konnte, da sie kaum maso war. Für sie war es kein wirklicher Lustgewinn und dadurch hat es mir nicht wirklich Spaß gemacht, weshalb ich das Thema zu diesem Zeitpunkt auch nicht weiter vertieft habe.

Nun möchte ich mit dir über das Thema Absturz sprechen. Also eine negative Reaktion während oder nach einer Session. Ein Absturz hinterlässt meist ein negatives Gefühl. Man fühlt sich leer, man bekommt vielleicht sogar Panik, weil plötzlich irgendetwas unbewusst getriggert wird. Denn da wird, so denke ich, die Verantwortung füreinander, besonders bewusst.

Kann man also auf einen Absturz vorbereiten?

Nein. Ein Absturz kommt ohne Ankündigung. Er ist plötzlich da.

Musstest du einer Sub schon mal nach einem Absturz helfen?

Ja und die Situation war eigentlich total überflüssig, weil sie aus einem Missverständnis heraus entstanden ist. Wir sind abends gemeinsam weggegangen. Es war für mich ein normaler Abend, jedoch mit Personen aus der BDSM-Szene. Dennoch war es für mich ein Abend ohne Zärtlichkeiten und Machtgefälle. Sie hat mich an diesem Tag ziemlich viel provoziert und dachte ich würde ihr am entsprechenden Abend zur Strafe die kalte Schulter zeigen. Dies käme jedoch für mich als Bestrafung nie in Frage. Als wir wieder zu Hause waren, ging es ihr ziemlich dreckig und alles ist aus ihr heraus gebrochen. Der Absturz hätte wahrscheinlich verhindert werden können wenn wir beide einfach mehr miteinander kommuniziert hätten. Uns war beiden nicht klar, wie mir mit solchen Situationen umgehen sollten. Ich habe Sie in den Arm genommen, ihre Stirn geküsst und ihr Trost gespendet bis sie sich wieder beruhigt hatte. Anschließend haben wir viel geredet während ich sie im Arm gehalten habe.

Hattest du auch schon einmal einen Absturz?

Ja, unglücklicherweise direkt nach dem Absturz meiner Sub. die Session ging über ihre Schmerzgrenzen hinaus. Sie war an einem Punkt, wo sie eigentlich hätte abbrechen wollen, aber mir nichts entsprechendes sagte, weil sie dachte, sie hätte es es wegen ihrem schlechten Verhalten an diesem Tag verdient. Als sie mir dies unter Tränen beichtete, wurde mir bewusst, dass ich einem Menschen der mir sehr am herzen liegt körperlichen und psychischen Schaden zugefügt hatte und begann an mir zu zweifeln. Bin ich überhaupt noch in der Lage meine Partnerin richtig einzuschätzen? Wo war mein Fehler? Ich habe so lange gegen meine eigenen Tränen gekämpft bis isch sie getröstet und sie sich wieder beruhigt hatte, danach konnte ich sie nicht mehr zurückhalten.

Wie hat sie dich aufgefangen?

Im Grunde so, wie ich meine Sub auffange. Man hält sich in den Armen. Muss im Zweifel noch nicht mal viel reden oder überhaupt etwas sagen. Danach, wenn man sich wieder gefasst hat, darüber reden wie man sich in dem Moment gefühlt hat und sich darüber austauschen, wie solche Risiken in Zukunft vermieden werden können

Grundsätzlich bezüglich Spielpartner: Brauchst du eine gewisse Nähe oder wäre auch ein spontenes Treffen auf einer Party möglich?

Eher schwierig, da müsste die Chemie schon sehr gut passen. Es braucht dafür ja schließlich auch ein gewisses Maß an vertrauen und zwar auf beiden Seiten. Sympathie allein reicht dafür oft nicht aus.

Zum Spiel selbst: Was klärst du vor einer Session ab?

Tabus, so wohl die meinigen als auch die der Sub. Denn wenn meine Tabus nicht zu ihren Vorstellung von sexueller Erfüllung passen oder umgekehrt, tun wir uns beide damit keinen Gefallen. Auch teste ich alles, was ich meiner Sub antue an mir selbst aus, damit scheiden sowohl Cuttings als auch Branding sowie Elektrospiele aus. Dann kläre ich noch die gesundheitlichen Einschränkungen. Genauso wie mögliche Phobien.

Abschließend: Was ist dir noch wichtig?

Dass man keine Angst hat über seine Neigungen und seine Fantasien zu reden, egal wie seltsam es einem selbst vorkommt. Viele bleiben damit hinterm Berg, weil sie Angst haben nicht normal zu sein und man sie für krank oder pervers hält. Bevor man sich mit BDSM praktisch auseinandersetzt sollte man sich definitiv schlaumachen, Sei es über Bücher, Workshops oder Mentoren. Die Bücher von Grimme haben mir zum Beispiel beim Einstig sehr geholfen erste Informationen einzuholen und ei gesundheitlichen Risiken kennenzulernen.

Mein Freundeskreis weiß von meiner Neigung, ich trage sogar Schirts mit BDSM-Kontext in der Öffentlichkeit. Denn ein offener Umgang mit dem Thema trägt meiner Meinung nach dazu bei, dass BDSM aus seiner dunklen perversen Ecke rauskommt. Ich freue mich immer auf meine T-Shirts angesprochen zu werden, weil es mir die Gelegenheit gibt in der Öffentlichkeit gegen die Klichess anzukämpfen. BDSM besteht ja schließlich aus Lust, Leidenschaft, Hingabe, Vertrauen und Gefühl auch wenn viele denken es wäre stumpfes draufhauen oder á la Fifty Schades of Grey. Und Spuren nach einem gemeinsamen Spiel sind, für mich, wunderschön anzusehen, allerdings sollte man sich vorher genau überlegen welche Termine in nächster Zeit anstehen. Meine Partnerin ist er nach einer Session eingefallen,dass sie ein paar Tage später einen Termin beim Frauenarzt hatte, das wurde dann etwas peinlich und endete mit einer Broschüre für Verhalten bei häuslicher Gewalt.